Die Sündenlehre Eugen Drewermanns. Chance für eine
Moderne theologische Anthropologie?
Diese theologische Magisterarbeit ist ein sehr beachtenswerter Beitrag für Wissenschaftler und für allgemein Interessierte, die in der Frage des Bösen Orientierung suchen. Seit Jahrtausenden verwirken Menschen ihr Glück durch Haltungen, die die christliche Tradition mit dem Begriff der Sünde erklärt. Anders als der Mainstream, der Sünde heute als verstaubten Begriff abtut und anders als der kirchlich-moralistische Traditionsstrang, der an der menschlichen Selbst-Disziplinierbarkeit festhält, hat erstmals in den 1980er-Jahren der von der katholischen Kirche verfemte Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann ein lebbares, befreiend-angstnehmendes Sündenverständnis ans Licht gebracht. Kein Mensch könne gut sein, der sich nicht bedingungslos angenommen fühle - so bettet er den Sündenbegriff ein in eine christliche Matrix existentieller Bedürftigkeit. Silja Luft-Steidls Arbeit rekonstruiert Drewermanns Ansatz in den drei Horizonten seines umfangreichen und gewichtigen Ouevres: dem Horizont der Theologie, der Psychologie und der Philosophie. Dies wird auf allen drei Sektoren gleichermaßen kompetent, differenziert, prägnant und allgemein verständlich getan und ergibt damit ein Standardwerk der Einführung in Drewermanns komplexes Denken. Weit hinaus über Darstellung und Rekonstruktion wird außerdem Drewermanns Denken einer Tauglichkeitsprüfung am konkret erfahrenen Leiden unterzogen sowie an Vergleichsperspektiven anderer Denkansätze. Die klare Sprache, die gedankliche Präzision und der zupackende Duktus dieser Untersuchung lassen ein im hohen Maße existentielles Erkenntnisinteresse erkennen, das überzeugend Antworten vermitteln kann an Studierende, Lehrende und Praktizierende der Theologie, Psychologie, Philosophie und interessierte Laien - nicht zuletzt an leidende, Heilung suchende Menschen. Evident zeigt dieses Werk auch, daß Heilung und Heil, Geistes- und Humanwissenschaften in der modernen Therapeutik ungebrochen zusammengehören. Schließlich setzt sich das Werk noch mit Drewermanns Person und den Konflikten um diese Person auseinander.